Bitkom-Prognose: 2040 wird der riesige IT-Fachkräftemangel noch riesiger​

Unermüdlich warnt der Digitalverband Bitkom vorm IT-Fachkräftemangel und den Folgen. Im Jahr 2040 könnte es besonders dicke kommen, prognostiziert der Verband.

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Junger Techniker arbeitet mit Laptop an einem Server-Rack.

(Bild: Alexandru Chiriac/Shutterstock.com)

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Der derzeitige Fachkräftemangel in IT-Berufen könnte sich bis 2040 deutlich verschärfen, prognostiziert der Digitalverband Bitkom. 663.000 IT-Fachleute könnten dann fehlen, wenn die Politik nicht entschieden gegensteuere, teilte Verbandspräsident Ralf Wintergerst mit. Für das Jahr 2023 hatte der Bitkom 149.000 unbesetzte IT-Stellen in deutschen Unternehmen ermittelt, fünf Jahre zuvor seien es noch 82.000 gewesen. Hinzu kämen tausende offene IT-Jobs in Verwaltungen, Schulen oder Wissenschaftseinrichtungen.

"Eine immer größer werdende Fachkräftelücke in der IT bedeutet einen Verlust von Wettbewerbsfähigkeit, Wertschöpfung, Wachstum und Wohlstand. Ohne IT-Spezialistinnen und -Spezialisten verspielt Deutschland seine digitale Zukunft", betonte Wintergerst. Die Prognose fußt den Angaben nach auf Unternehmensumfragen sowie Daten des Bundesinstituts für berufliche Bildung zur Entwicklung des Fachkräftebedarfs und -angebots. Welche Auswirkungen der vorausgesagte Mangel auf die Gehälter der ITler haben könnte, war nicht Gegenstand der Analyse.

Dabei hat der Branchenverband eigentlich auch Positives zu vermelden: Der IT-Sektor werde nämlich bis 2040 noch nicht so hart vom demografischen Wandel getroffen wie andere Berufsfelder, weil die ITler einen vergleichsweise jungen Altersschnitt hätten. Während im gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt bis 2040 rund 50,5 Prozent der derzeitigen Beschäftigten aus dem Berufsleben ausschieden, seien es in der IT nur 32,5 Prozent. Auch werde den Berechnungen das Angebot an IT-Fachkräften von derzeit 1,136 Millionen bis 2040 um rund 120.000 auf 1,256 Millionen zulegen.

Bitkom

Dem setzt der Verband aber einen massiven Anstieg auf Bedarfsseite entgegen: Der werde bis 2040 um rund 630.000 anwachsen, von derzeit 1,29 auf 1,92 Millionen.

Um dieses Szenario zu verhindern, brauche es laut Bitkom jetzt ein massives Gegenlenken, wobei der Verband wohl hauptsächlich die Politik in der Pflicht sieht. Über Maßnahmen, die sich auf inländische Fachkräfte-Gewinnung richten, könne man rund die Hälfte der Lücke decken. So könnten bis 2040 durch die Förderung des Quereinstiegs rund 129.500 zusätzliche IT-Fachkräfte gewonnen werden, durch Maßnahmen im Bereich Studium und Ausbildung weitere rund 108.000 und 68.500 ließen sich aktivieren, indem ältere Beschäftigte länger im Job blieben.

Unerlässlich sei aber eine deutlich verstärkte Einwanderung von Fachleuten, die bis 2040 für ein zusätzliches Angebot an 321.000 IT-Expertinnen und -Experten sorgen könnte.

Konkret stellt sich der Bitkom etwa vor, dass in den Schulen ein Pflichtfach Informatik eingeführt wird, um mehr junge Leute für den Beruf zu begeistern. Ebenfalls seien auch mehr Mädchen und junge Frauen für die IT zu gewinnen, derzeit liege die Frauenquote im Informatikstudium nur bei rund 21 Prozent. Auch die hohe Abbrecherquote im Informatikstudium mache ihm "Kopfschmerzen", sagte Wintergerst. Mit 42 Prozent liege sie deutlich über dem Durchschnitt von 27 Prozent. Es brauche eine Reform des Studiums, das aktuell sehr auf "Aussieben" gerichtet seien. Wintergerst regte unter anderem mehr "leichtere" Studiengänge an und nicht nur hohe Spezialisierung.

Um ältere Angestellte auch über das Rentenalter zu halten, könnten finanzielle Anreize geschaffen werden, etwa die Abschaffung von Sozialabgaben im Alter. Ebenso müssten sich aber auch die Unternehmen um stetige Weiterbildung der Angestellten und eine Kultur abseits der Jugendorientierung bemühen. Der Quereinstieg in die IT ließe sich wiederum mit speziellen Programmen und Bootcamps und geförderten Bildungsteilzeiten voranbringen.

Für die Fachkräfte-Einwanderung fordert der Bitkom Entbürokratisierung, eine Willkommensagentur und Marketing im Ausland für den IT-Standort Deutschland. Zuletzt seien bereits etwa 13.000 ausländische Fachkräfte aus der EU und anderen Ländern in IT-Berufe zugewandert. "Digitalisierung braucht Technologie, sie braucht aber vor allem Menschen, die sie voranbringen", sagte Wintergerst.

(axk)