Elektro-Geländewagen Ineos Fusilier: batterieelektrisch oder mit Range Extender

Der Ineos Fusilier ist ein Nutzfahrzeug für Einsätze abseits befestigter Pisten. Angeboten wird er mit Elektroauto oder als Hybrid mit Range Extender.

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Ineos Fusilier

(Bild: Ineos)

Lesezeit: 5 Min.
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"Als europäischer Automobilhersteller muss man ein grünes Modell im Angebot haben, sonst kann man nicht überleben". Das sagt Sir Jim Ratcliffe anlässlich der Vorstellung seines batterieelektrischen Geländewagens mit dem martialischen Modellnamen Fusilier und es dürfte als Rechtfertigung zu verstehen sein. Denn bislang war der knorrige Selfmade-Gründer und Chairman des Chemiekonzerns Ineos als einer der Treiber des Frackings, Befürworter des Brexits und politisch konservativer Hardliner bekannt – nicht aber als beseelter Freund der Ökologie. Einen neu entwickelten, konventionellen Geländewagen im Wortsinn hat der Milliardär bereits seit 2022 im Programm.

Der Fusilier ist ein viertüriger, 4,5 Meter langer und geschätzte 1,7 m breiter Geländewagen. Als Elektroauto hat er eine Batterie mit einem Energiegehalt von 100 kWh, als Hybridmodell eine 50-kWh-Batterie mit einem noch nicht näher spezifizierten Range Extender und einer Reichweite von rund 700 Kilometern. Viel Platz bleibt nicht für den Verbrennungsmotor, da die Batterie zwischen den Achsen mit je einer Elektromaschine liegt. Denn auch wenn es möglich wäre, den bei Geländewagen üblichen Leiterrahmen beizubehalten – wie etwa beim batterieelektrischen Pick-up-Truck Ford F-150 Lightning, hat sich Ineos bei seinen elektrifizierten Geländewagen für eine Raum und Gewicht sparenden "Skateboard-Plattform" entschieden.

Der Ineos Grenadier ist nur mit Sechszylinder-Otto- und -Dieselmotoren zu haben. Im Hybrid-Fusilier wäre theoretisch auch ein Zweizylinder denkbar. Die Effizienz jedes Verbrenners ist jedenfalls am höchsten, wenn er unter möglichst hoher Last und möglichst geringer Drehzahländerung arbeitet. Da er lediglich Strom produziert, nicht aber den Wagen antreiben muss, kann er darauf recht einfach ohne hohen Aufwand, etwa für variable Steuerzeiten oder Aufladung, ausgelegt werden. Er kann als Ottomotor sogar im besonders spritsparenden Atkinson-Zyklus laufen. Gesetzt scheint aktuell noch keine bestimmte Maschine.

Das Elektroauto von Ineos wirkt wie von Mercedes G und Land Rover inspiriert, die inneren Scheinwerfer zitieren den Toyota Land Cruiser FJ.

(Bild: Ineos Fusilier)

Die Batterien aus prismatischen Zellen bezieht Ineos von Samsung. Beim batterieelektrischen Fusilier kommen sie auf rund 100 kWh, was für etwa 430 Kilometer reichen soll. An jeder der beiden Achsen arbeitet je eine permanenterregte Elektromaschine (PSM) mit jeweils 190 kW. Sie würden das rund 2,7 Tonnen schwere Auto in weniger als sieben Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h beschleunigen können, wenn das bei einem Geländewagen irgendeine Rolle spielen würde. Diese Angabe dient augenscheinlich dem Vergleich mit einem Straßenfahrzeug. Drehmomente sind noch nicht angegeben, doch soll der Fusilier eine Steigfähigkeit von 100 Prozent bieten.

Die nötigen Raddrehmomente sind konstruktiv einfach mit einer entsprechenden Übersetzung erreichbar, fast egal, welche Kraft die E-Maschinen letztlich aufbringen. Zumindest die hintere ist laut der noch recht knappen Informationen aus dem Hause Ineos dazu mit einem Getriebe ausgestattet. Dazu kommen mechanische Quersperren an beiden Achsen – bei der mit der Entwicklung beauftragten Firma Magna weiß man, dass die sogenannten "elektronischen Sperren" sich vor allem im Katalog gut machen, in weglosem Terrain aber oft wertlos sind. Eine mittlere Sperre ist überflüssig, da die beiden elektrifizierten "Achsen" keine mechanische Verbindung wie in einem herkömmlichen Allradantrieb benötigen. Der Schlupf zwischen beiden E-Maschinen muss also über elektronisch geregelte Eingriffe in die Stromversorgung geregelt werden.

Vorstellung des Vorserienfahrzeugs unter gleichnamigem Wirtshausschild.

(Bild: Ineos )

Die Produktion des Fusilier plant Ineos übrigens nicht im ehemaligen Smart-Werk in Hambach, wo schon der Grenadier gefertigt wird, sondern bei Magna in Graz, die bereits den Grenadier als Ingenieursdienstleister von Beginn an mitentwickelt haben. Als Magna noch Steyr hieß, wurden hier bekanntermaßen seit 1979 der Puch G respektive die Mercedes G-Klasse gebaut und es ist nicht ganz abzustreiten, dass der Fusilier hier optische Anleihen genommen hat. Viel wichtiger ist jedoch, dass man davon ausgehen darf, dass die österreichischen Ingenieure die Ineos-Modelle "schöckl-testen" werden. Erkenntnisse aus der Tortur über Magnas Haus-Teststrecke auf den 1445 Meter hohen Schöckl, der nördlich hinter Graz aufragt, dürften in die Konstruktion einfließen. Puch hat den Weg auf den Gipfel vor 111 Jahren erstmals zu Testzwecken mit einem eigenen Wagen unter die Räder genommen und unterzieht seither alle seine Konstruktionen dem brutalen Real-Life-Dauertest mit bis zu 100-prozentigen Steigungen.

Die ersten Prototypen sollen im kommenden Jahr getestet werden und als Endprodukte wohl erst Anfang bis Mitte 2027 in den Verkauf gehen. Pro Jahr will Ineos 40- bis 50.000 Stück auch in den USA und China als Hauptmärkten absetzen. Der Mitte vergangenen Jahres gezeigte Prototyp eines elektrischen Ineos Grenadier mit H2-Brennstoffzelle von BMW wurde zuletzt nicht mehr erwähnt.

Ineos (Inspec Ethylene Oxide and Specialities) ist ein Chemiekonzern mit Sitz in England, dessen Chairman Sir Jim Ratcliffe seit 2022 einen klassischen Geländewagen im Format des Land Rover mit dem Namen Grenadier im ehemaligen Smartwerk Hambach (Frankreich) bauen lässt. Ratcliffe ging diesen Schritt als Reaktion auf das fast völlige Verschwinden echter Gelände-Nutzfahrzeuge.

(fpi)