Nach tödlichen Abstürzen: US-Justizministerium wirft Boeing Auflagenverstoß vor

Das US-Justizministerium sieht Mängel bei der Umsetzung von Auflagen bei Boeing. Dem Luftfahrtunternehmen droht ein weiteres Strafverfahren.

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Boeing 737 Max in der Luft

Eine Boeing 737 Max im Flug.

(Bild: Boeing)

Lesezeit: 3 Min.

Die tödlichen Flugzeugabstürze zweier Maschinen des Typs Boeing 737 Max im Oktober 2018 und März 2019 haben ein weiteres Nachspiel: Das Justizministerium wirft dem US-Flugzeugbauer Boeing in einem Brief an ein US-Gericht (PDF) von Dienstag vor, gegen Auflagen verstoßen zu haben (United States v. The Boeing Company, 4:21-cr-00005). Boeing habe es demnach versäumt, ein Compliance- und Ethikprogramm zu entwickeln, einzuführen und umzusetzen, um so Verstöße gegen US-Betrugsgesetze bei den Geschäften Boeings zu verhindern oder aufzudecken.

Boeing hat nun bis zum 13. Juni Zeit, auf die Vorwürfe offiziell zu reagieren. In einer kurzen Verlautbarung wies der Luftfahrtkonzern vorab alle Vorwürfe von sich. Boeing habe nach eigenem Bekunden sämtliche Auflagen eingehalten. Das US-Justizministerium wartet offenbar die Antwort von Boeing ab und will spätestens am 7. Juli entscheiden, wie weiter vorgegangen werden soll.

Die Ermittlungen stehen im Zusammenhang mit zwei Flugzeugabstürzen des Typs Boeing 737 Max, bei denen insgesamt 346 Menschen ums Leben kamen. Die Untersuchungen hatten ergeben, dass die Steuerungssoftware der beiden Flugzeuge fehlerhaft arbeitete und zu stark in die Flugzeugsteuerung eingegriffen hatte. Wie sich im Laufe der Untersuchung herausstellte, hatte Boeing im Zertifizierungsvorgang der Software durch entsprechende Behörden auf Schulungen für die Software verzichtet. Boeing musste eine Strafe von 243 Millionen US-Dollar bezahlen.

Boeing wurde vorgeworfen, bei den Angaben gegenüber den US-Behörden betrogen zu haben, sodass das Luftfahrtunternehmen unter anderem die Auflage bekam, ein Compliance- und Ethikprogramm einzuführen, um solche Vorfälle künftig zu vermeiden. Im Gegenzug wurde der Betrug nicht weiter verfolgt.

Das US-Ministerium sieht nun einen möglichen Verstoß gegen diese Auflage, sodass möglicherweise die Betrugsvorwürfe erneut genau untersucht und strafrechtlich verfolgt werden.

Die Geschichte der Boeing 737 Max ist eine Aneinanderreihung unglücklicher Umstände. Nach der Untersuchung der beiden Flugzeugabstürze musste Boeing die Technik nachbessern. Das führte zu einem weltweiten Startverbot, einem langen Ausfall und hohen finanziellen Verlusten. Im Januar 2024 folgte dann das nächste Problem. Eine Boeing 737 Max 9 verlor während des Fluges eine Tür, konnte jedoch sicher landen. Der Flugzeugtyp erhielt daraufhin Startverbot. Untersuchungen ergaben, dass mehrere Flugzeuge dieses Typs Produktions- und Qualitätsmängel aufwiesen. Bei der besagten Maschine fehlten etwa die Haltebolzen für die Tür. Boeing verstärkte daraufhin seine Qualitätskontrolle, nachdem auch die US-Luftaufsichtsbehörde FAA und die Verkehrssicherheitsbehörde NTSB darauf hingewiesen hatten.

(olb)