Türkei: Meta stellt Threads lieber ein, anstatt Daten zu trennen

Meta Platforms soll in der Türkei bei Threads geerntete Daten nicht mit Instagram-Daten zusammenführen. Da sperrt Meta Threads lieber zu.​

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App-Logos von Threads und Insta Threads auf einem iPhone
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Meta Platforms schließt sein Soziales Netzwerk Threads in der Türkei, zumindest vorübergehend. Grund ist eine Auflage der türkischen Wettbewerbsbehörde, die bei Threads geernteten Daten nicht mit den bei Instagram geernteten Daten zusammenzuführen. Denn diese Datenaggregation steigere Metas Macht im Werbemarkt, was den Wettbewerb schädige und eine Markteintrittsbarriere für andere Anbieter bilde. Doch anstatt die Daten getrennt zu verwalten, sperrt Meta Threads in der Türkei lieber zu.

Am 29. April ist Schluss, doch könnte das Angebot eines Tages zurückkehren. Denn die Anordnung der Wettbewerbsbehörde (Rekabet Kurumu) ist eine einstweilige Maßnahme zur Verhinderung nicht wiedergutzumachender Schäden, während eine tiefgehende Prüfung der Umstände läuft. Meta kann und wird Rechtsmittel ergreifen. Der Datenkonzern stellt seine türkischen Threads-Nutzer nun vor die Wahl, ihren Threads-Auftritt zu löschen oder stillzulegen. In letzterem Fall würde die Beiträge wieder publiziert, sollte Meta sich im Verfahren durchsetzen.

In der Bescheidbegründung verweist die türkische Behörde sowohl auf geltendes EU-Recht als auch auf ein Verfahren vor dem deutschen Bundeskartellamt. Im Europäischen Wirtschaftsraum sind Facebook, Instagram sowie Metas Reklamedienste als Torwächter nach dem Digital Markets Act (DMA) eingestuft. Das hat ein Verbot ausgelöst, personenbezogene Daten anderer Konzerndienste mit diesen Torwächter-Diensten zu verknüpfen (DMA Artikel 5). Dieses Verbot dient der Förderung von Wettbewerb. Meta hat Einspruch erhoben.

Seit Mitte Dezember ist Threads auch im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auf dem Markt. Daraus schließt die türkische Behörde, dass Meta die Daten dort trennt. Außerdem hat Meta die ursprüngliche Zwangsverknüpfung der Oculus-Headsets mit Facebook-Konten in Deutschland aufgehoben, weil das Bundeskartellamt Zweifel an der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit hat. Das Verfahren dauert offenbar noch an, weil Fragen der Verbindung der im Rahmen der unterschiedlichen Meta-Dienste verarbeiteten Daten noch nicht beantwortet sind.

Wenn Meta im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) personenbezogene Daten unterschiedlicher Dienste trennen kann, müsse das auch in der Türkei möglich sein, so der Tenor. Nach türkischem Wettbewerbsrecht sei das auch geboten, um zu verhindern, dass Meta seine Marktmacht weiter ausbaue und Wettbewerber vom Markt fernhalte.

Grundlegend sei, dass Nutzerdaten als Zahlungsmittel dienen. "Auch wenn die Nutzer (...) das Gefühl haben, dass sie keine Zahlung leisten, bezahlen sie mit den Daten, die sie der jeweiligen Plattform zur Verfügung stellen", heißt in dem Behördenbescheid (Az. 24-07/125-50). Und: "Plattformen nutzen diesen scheinbar kostenlosen Service, um Verbraucher auf ihre Plattformen zu locken und andere Nutzergruppen anzulocken, mit denen sie Einnahmen erzielen, nämlich Werbetreibende oder gewerbliche Nutzer. Daher verleihen die von großen Plattformen gewonnenen Daten, die nahezu jede Bewegung von Verbrauchern auf diesen Anwendungen (...) verfolgen können, dem Unternehmen enorme Macht."

Denn je mehr personenbezogene Daten aus unterschiedlichen Diensten in ein Profil fließen, umso genauer könne Meta die Werbeausspielung steuern, und umso mehr Geld könne es damit einnehmen. Das wiederum erlaube höhere Investitionen. Potenzielle Mitbewerber könnten da nicht mithalten und würden gar nicht erst in den Markt einsteigen: "Angesichts der Tatsache, dass es auf dem Markt indirekte Netzwerkeffekte gibt, erschwert die entsprechende Situation es potenziellen Wettbewerbern auf dem Markt für Soziale Netzwerke, Werbetreibende für die Finanzierung ihrer Dienste zu gewinnen, und schafft eine Eintrittsbarriere." Und Markteintrittsbarrieren verhindern Wettbewerb.

(ds)