Frankensteins schöne Tochter: 50 Jahre Kawasaki 900 Z1

Seite 2: Gefährliches Pendeln

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Als gravierendes Problem stellten sich hingegen Rahmen und Fahrwerk heraus, denn sie konnten die geballten Kräfte kaum bändigen. Die Stahlrohre des Rahmens waren einfach zu dünn dimensioniert und die Dämpfung der 36-mm-Telegabel zu schwach. Die 900 Z1 zeigte ab Tempo 120 und in schnell gefahrenen Kurven arge Pendelneigungen. Leider kam es dadurch immer wieder zu Unfällen. Kawasaki sah sich deshalb genötigt, den Kauf der 900 Z1 mit folgender Warnung zu begleiten: "Wir vertrauen darauf, dass der Mann, der diese Maschine kauft, die Kraft respektiert, die in ihr steckt, und dass er sich in erster Linie als Sicherheitsfaktor betrachtet und einsetzt." Doch das gefährliche Fahrverhalten schien den Ruf der 900 Z1 als "Männermotorrad" nur noch weiter anzuheizen. Der bekannte Motorradjournalist Franz Josef Schermer verlieh ihr den prägenden Spitznamen "Frankensteins Tochter".

Die 900 Z1 – zu Anfang noch als "900 Super 4" beworben – mauserte sich auf Anhieb zum Bestseller, bereits Ende 1973 waren weltweit rund 20.000 Stück verkauft worden. Der kanadische Rennfahrer Yvon DuHamel stellte auf dem Oval in Daytona mit ihr nicht weniger als 45 Weltrekorde auf und die 900 Z1 gewann in den nächsten Jahren zahllose Rennen. Tuner stürzten sich auf den Motor und manche verpflanzten ihn in eigene Fahrwerke, wie der legendäre Fritz W. Egli. Seine Egli-Kawasaki gewann bereits in ihrem Debutjahr 1973 das Langstreckenrennen Bol d’Or.

50 Jahre Kawasaki 900 Z1 Teil 2 (8 Bilder)

Kaum ein anderes Motorrad hatte nach seinem Erscheinen die Träume der Motorradfans so sehr beflügelt wie das Big Bike mit dem 900er-Reihenvierzylinder. Im Bild ein Exemplar des Baujahrs 1974.

In Deutschland kostete die 900 Z1 im Jahr 1972 7200 D-Mark und fand sofort 2500 Käufer. Obwohl der Importeur – von dem Verkaufserfolg angestachelt – im nächsten Jahr den Preis auf 8500 D-Mark erhöhte, gingen danach 3500 Stück weg wie warme Semmeln. Bislang war Kawasaki eher für seine Dreizylinder-Zweitakt-Modelle bekannt gewesen, doch ab 1973 wuchsen die Produktionszahlen dank des Reihenvierzylinders rasant. Innerhalb von nur drei Jahren konnte Kawasaki seinen Absatz allein in Deutschland fast verdoppeln.

Die 900 Z1 erhielt natürlich im Laufe der Jahre etliche Modifikationen, so bekam sie 1976 Rahmenrohre mit 2,3 Millimeter Wandstärke, eine Leistungssteigerung auf 81 PS bei 8000/min und die Modellbezeichnung änderte sich auf "Z 900". Bis 1977 hatte Kawasaki rund 145.000 Stück seiner 900er weltweit verkauft. Im selben Jahr vergrößerte Kawasaki den Hubraum mit der Z 1000 auf den vollen Liter und erreichte 85 PS, außerdem war das Fahrwerk nun straffer abgestimmt, was zu einer spürbaren Verbesserung führte. Ende 1978 ersetzte die Z1-R mit einem eckigen Design die erfolgreiche Z1.

Ab 1981 wurde die Z1-Baureihe von den GPZ-Modellen abgelöst, deren luftgekühlte Motoren aber immer noch auf dem der 900 Z1 basierten. Das Design der Z1 griff Kawasaki in den 1990er Jahren erfolgreich mit der Zephyr-Modellreihe wieder auf. 2018 legte Kawasaki mit der Z 900 RS erneut ein Modell im Retro-Look der Urahnin von 1972 auf. Nun zwar mit Wasserkühlung und elektronischen Assistenzsystemen, aber immer noch betörend schön.

Dieses Jahr feiert Kawasaki das 50. Jubiläum ihres Meilensteins mit der Sonderserie Z 900 RS 50th Anniversary in der Lackierung Candy Diamond Brown, wie es sie in den 1970er bereits gegeben hatte, und golden lackierten Felgen. Die Z 900 RS lässt den Spirit von damals zwar nur ansatzweise wieder aufleben, bietet dafür aber deutlich mehr Sicherheit. Früher war eben doch nicht alles besser.

(fpi)