Furchteinflößend: Elektroauto Dongfeng M-Hero 1 im Fahrbericht

Weniger heldenhaft als furchteinflößend wirkt das E-Auto aus dem Hause Dongfeng. Der 3,9-Tonner mit 142-kWh-Batterie will geländefähig und komfortabel sein.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 585 Kommentare lesen
Dongfeng M-Hero 1 von vorn

(Bild: Dongfeng)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • pressinform
Inhaltsverzeichnis

Mit dem elektrischen Geländefahrzeug M-Hero 1 kommt die Marke Hero des riesigen chinesischen Mehrmarkenkonzerns Dongfeng erstmals nach Europa. Weitere Modelle sollen folgen. Der Auftritt des 4,99 Meter langen und über zwei Meter breiten Elektro-Luxus-Geländewagens ist explizit martialisch und ein weiteres Beispiel für die wachsende Schere zwischen Auto-Normalnutzern und sehr wohlhabenden Kunden. Seine vier Elektromotoren leisten bis zu 800 kW.

Mit 3140 kg ist der M-Hero 1 sogar für einen elektrisch angetriebenen Geländewagen schwer. Das zulässige Gesamtgewicht beläuft sich auf 3920 kg. Knapp über, und je nach Ausstattung wahrscheinlich sogar eher unter 500 kg Zuladung sind für ein Fahrzeug dieser Größe äußerst wenig. Für leichtes Gepäck steht ein Volumen von 452 bis 1137 Litern zur Verfügung. Zudem haben – je nach Bedingungen, etwa bei Schlamm, Sand oder Geröll – leichtere Fahrzeuge in herausforderndem Gelände oft erhebliche Vorteile gegenüber schwereren.

Dongfeng M-Hero 1 (16 Bilder)

Das zulässige Gesamtgewicht beläuft sich auf 3920, die Zuladung auf 500 kg.
(Bild: Dongfeng)

Damit dieses so gar nicht aerodynamische Fahrzeug auf seine 450 Kilometer Reichweite im WLTP kommt, ist ein entsprechend dimensionierter und damit eben schwerer Energiespeicher nötig. Er fasst 142 kWh. Mit maximal 100 kW Ladeleistung soll er sich laut Hersteller bestenfalls in 47 Minuten von 30 (!) auf 80 Prozent füllen lassen. Das ist, auch gemessen am gewaltigen Energiegehalt, ein sehr schwacher Wert. Wie lange AC-Laden mit 11 kW dauert, verrät Dongfeng noch nicht.

Schneller als an der Ladesäule ist der M-Hero 1 auf dem Asphalt, was für einen Geländewagen zwar eine völlig irrelevante Disziplin ist. Angesichts des Gewichts und der schieren Silhouette der Front sind 4,2 Sekunden auf 100 km/h und 180 km/h Spitze für sich genommen schon erstaunliche Werte.

Der M-Hero 1 bietet rundum Einzelradaufhängung an Doppelquerlenkern mit Luftfederung und adaptiven Dämpfern. Bei Bedarf lenken die Hinterräder um maximal 10,6 Grad ein, was den Wendekreis auf lediglich 10,2 Meter verkleinert. Das ist ein Vorteil in der Stadt, aber auch im Gelände. Im Bedarfsfall kann er dort von einem seitlichen Krabbengang profitieren, bei dem alle vier Räder in die gleiche Richtung weisen. Auf der Straße schlägt sich der M-Hero ziemlich gut, nur sollte die Bremse besser dosierbar sein und die Regelsysteme könnten etwas geschmeidiger eingreifen. So suchten die Hinterräder beim Herausbeschleunigen aus einer engen Kurve fast eine Sekunde lang nach Traktion. Das soll nachgebessert werden, bis der Geländewagen noch in diesem Jahr nach Europa kommt.

Flott und oft im Dynamik-Modus unterwegs, bekamen wir einen Durchschnittsverbrauch von 45,3 kWh/100 km gemeldet. In der Stadt im Eco-Fahrprogramm bei sehr vorausschauender Fahrweise geht der Strombedarf auf 28,7 kWh zurück. Wohlgemerkt: Das sind Nettowerte aus dem Bordrechner – ohne Ladeverluste.

Der M-Hero 1 hat zwar einen klassischen Leiterrahmen, jedoch Einzelradaufhängung, was dem Komfort zugutekommt, aber durch eine im Vergleich zu Starrachsen eingeschränkte Beweglichkeit je nach Auslegung die Geländegängigkeit einschränken kann. Dafür schlägt sich der Kraxler beachtlich, da die Räder auch bei massiver Verschränkung noch lange den Bodenkontakt halten. Nur so können sie genügend Kraft auf den Boden übertragen, um auch anspruchsvolle Hindernisse zu bewältigen.

Wie immer in solchen Situationen empfiehlt es sich dann, das Luftfahrwerk nicht ganz auszufahren, um die Verschränkung und damit die Traktion nicht unnötig einzuschränken. Die maximale Wattiefe beträgt 90 Zentimeter, gemessen an konventionellen Geländewagen, für deren Verbrenner angesaugtes Wasser fast sicher tödlich endet, ein sehr guter Wert.

Kommt das Fahrwerk an seine Grenzen, stellen die Traktion mechanische Sperrdifferenziale vorn und hinten sicher, trotz zweier Motoren je Achse. Zur Drehmomenterhöhung nutzt der M-Hero 1 eine Geländeübersetzung. Damit gehört er zu den seltenen Elektroautos mit zwei Gängen.

Je nach Untergrund kann man den am besten passenden Off-Road-Modus für Schnee, Schlamm, Sand, Wasser oder Felsen selbst wählen oder das System die Assistenzfunktionen automatisch orchestrieren lassen. Steigungen von 100 Prozent sind jedenfalls spezifiziert. Natürlich verfügt der M-Hero 1 auch über eine Bergabfahrhilfe, die mit selbsttätigen Bremseingriffen die klassische Motorbremse imitiert und gleichzeitig aufpasst, dass der Wagen im steilen Geläuf nicht seitlich ausbricht und sich schlimmstenfalls überschlägt. Während der Probefahrt schien diese wichtige Sicherheitsfunktion noch nicht einwandfrei zu arbeiten, soll aber wie die bereits erwähnte Schlupfregelung bis zum Marktstart in Deutschland nachgebessert werden. Die Schwierigkeiten bei Schlupfregelung und Bergabfahrhilfe sind wohl demselben Feld zuzuordnen, denn beide nutzen Bremseingriffe zur Regelung.

Im Innenraum dominieren Leder, Chrom-Applikationen und natürlich Bildschirm-Opulenz mit einer 12,3-Zoll-Instrumententafel inklusive Head-up-Display und einem 15,6-Zoll-Touchscreen in der Mitte. Der Beifahrer blickt auf einen weiteren 12,3-Zoll-Bildschirm. In den Infotainmentmenüs findet man sich ziemlich schnell zurecht. Dazu kommen noch einige klassische analoge Bedienelemente.

Der Preis für die Eidgenossen beträgt 148.990 Schweizer Franken, entsprechend 152.670 Euro. Was der M-Hero 1 in Deutschland kosten soll, ist noch nicht bekannt. In China heißt das Auto Mengshin 917, was "Leibwächter" bedeutet. Der M-Hero 1 sieht nicht nur passiv-aggressiv aus, in China bietet es auch eine Drohne mit Start- und Landeplatz auf dem Dach und eine Streuvorrichtung für Nägel, um Verfolger zu distanzieren. Furchteinflößende Extras dieser Art sollen in Europa ausdrücklich nicht angeboten werden.

(fpi)