Elektroauto Citroën ë-C4 X im Test​: Preiswert statt Spitze

Seite 2: Citroën ë-C4 X im Test

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Citroën bietet in diesem Modell aktuell drei Verbrenner und zwei batterieelektrische Antriebe. Die beiden E-Motoren sind aus anderen Konzernmodellen bekannt. Die ältere Ausführung leistet 100, die neuere 115 kW. Letztere soll effizienter sein und damit trotz nur minimal größerer Batterie mehr Reichweite bieten. Versprochen werden immerhin bis zu 422 km. Für unseren Test wählten wir diese Ausführung.

Hand aufs Herz: Mit einem Elektroantrieb in einem aktuellen Modell entfällt fast immer ein charakteristisches Merkmal. Leistung ist in fast jedem modernen Elektroauto nicht nur reichlich vorhanden, sondern steht auch stets für einen spontanen Abruf bereit. Suchen nach der richtigen Drehzahl, Ansprechverhalten, Geräuschkulisse: All das spielt keine Rolle mehr. Dass ein Tesla wesentlich schneller beschleunigt als ein Kia Niro EV: klar, aber im Alltag ohne Belang. In ihren grundsätzlichen Eigenschaften sind sie sich ähnlich, auch wenn der Kia natürlich nicht derart vehement antritt.

Umso überraschter war ich, als mein Kollege Florian mir nach ein paar Tagen die Schlüssel in die Hand drückte und anmerkte, er sei im ë-C4 X schon beim Ausparken in den Sportmodus gewechselt. Nun fährt er privat nach eigener Aussage zwar häufig im Vollschub-Modus, doch eben in einem 20 Jahre alten Corsa mit 43 kW. Höhere Ansprüche werden dort auch beim kompletten Abruf der Leistung eher nicht erfüllt, mein Kollege ist trotzdem nicht unglücklich mit dem Auto. Es gehört also schon etwas dazu, ihn zu enttäuschen. Nach ein paar Kilometern wusste ich, was er meint.

Citroën ë-C4 X Laden (8 Bilder)

Citroën bietet im ë-C4 X zwei E-Motoren an. Wir waren mit der stärkeren Ausführung unterwegs, die 115 kW leistet.
(Bild: Pillau)

Der Testwagen setzte sich unerwartet zäh in Bewegung. Da ich den Antrieb aus Corsa und Astra Electric kenne, hatte ich keine Rasanz erwartet. Doch der ë-C4 X wirkt behäbiger als die beiden Opel-Modelle. Spontan könnte man meinen, der Citroën ist ja auch größer. Das ist richtig, allerdings ist er nicht schwerer als der Astra. Er wiegt je nach Ausstattung zwischen 1659 und 1734 kg. Das kann es also nicht sein. Vermittelt vielleicht eine besonders sorgsame Dämmung ein Gefühl, es gehe nicht so recht voran? Nein, denn viel leiser als der Corsa ist der ë-C4 X nicht.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Typisch Elektroauto ist auch hier die volle Beschleunigung verzögerungsfrei abzurufen, was sehr angenehm ist. Nur bleibt sie eben vergleichsweise mild. Damit lässt sich leben, wobei in einem Elektroauto der Verzicht auf Leistung nicht unbedingt mit einem geringeren Verbrauch verbunden ist. Wie scharf gerechnet wird, zeigt die Ausstattungsliste im Detail. Ein dreiphasiges Ladegerät mit 11 kW haben alle ë-C4 X, eine Wärmepumpe nur die E-Ausführung mit 100 kW. In Verbindung mit dem stärkeren Antrieb muss das extra bezahlt werden, wobei der Aufpreis mit 600 Euro überschaubar bleibt. Da langen andere Hersteller deutlich kräftiger in die Taschen der Kunden.

Die fehlende Vorkonditionierung der Batterie ist im Winter auf langen Strecken hinderlich. Während des Tests herrschten Temperaturen um den Gefrierpunkt. Selbst 40 Minuten Anfahrt zu einer Ladesäule konnte die anfängliche Ladeleistung nicht über 81 kW heben. Versprochen werden in der Spitze 100 kW, die wir im Sommer in einem anderen Auto mit dieser Batterie auch nachvollziehen konnten.

Dass sich mit einer Batterie, die netto 51 kWh fasst, keine Rekorde bei der Reichweite abzeichnen, dürfte klar sein. Selbst bei den winterlichen Temperaturverhältnissen während des Tests sind aber rund 270 km plus eine Sicherheitsreserve immer drin, sofern der Fahrer mitspielt und das Profil nicht aus lauter Kurzstrecken mit langen Pausen dazwischen besteht. Im Test lag die vom Bordcomputer angezeigte Verbrauchsspanne zwischen 14,8 und 21 kWh/100 km, im Schnitt waren es 17,5 kWh/100 km. Hinzu kommen die üblichen Ladeverluste von rund 10 bis 15 Prozent. Im WLTP, der Ladeverluste inkludiert, nennt der Hersteller 14,6 bis 15 kWh. Das dürfte bei milden Temperaturen durchaus realistisch sein.

Citroën wagt nicht nur beim Design eine Extravaganz, sondern auch bei der Fahrwerksabstimmung. In einigen Redaktionen ist es ein beliebtes Spiel, bis auf die Kommastelle zu ermitteln, wie schnell ein Auto zwischen Plastikhütchen hin und her wetzen kann. Der ë-C4 X wird in dieser Disziplin niemals brillieren, denn hier liegt der Fokus eindeutig auf Komfort. Die Karosserie neigt sich in Kurven und beim Bremsen spürbar, was ungewöhnlich ist und auch nicht jedem Fahrer gefallen wird. Die Dämpfung hält dafür vergleichsweise viel von den Insassen fern, wenngleich sie etwas hölzern anspricht. Dazu passt eine Lenkung, die praktisch um fast jede Rückmeldung erleichtert wurde.

Sein vielleicht stärkstes Argument wirft der ë-C4 X mit der Preisliste ins Rennen, denn das Auto wird, verglichen mit anderen Konzernmodellen, die diesen Antrieb haben, geradezu verschleudert. Das Basismodell mit dem 115-kW-Antrieb kostet 36.190 Euro, dafür bekommen Sie nicht einmal einen Opel Corsa mit diesem Motor. Serienmäßig sind unter anderem der Dreiphasenlader, eine Zweizonen-Klimaautomatik, LED-Scheinwerfer, Tempomat und Einparkhilfe hinten. Fehlt was? Ja, die Möglichkeit, auch im Basismodell eine Sitzheizung zu ordern wäre schön.

Citroën hat mit dem ë-C4 X eine ungewöhnlich geformte Limousine auf den Markt gebracht, die es wagt, nicht alles der Fahrdynamik unterzuordnen. Das Fahrwerk filtert Unebenheiten weitreichender, als es in vielen anderen Autos heute üblich ist. Hätte Stellantis sich die Mühe gemacht, etwas mehr in die Geräuschdämmung zu investieren, wäre das Bild eines komfortablen Autos noch überzeugender gezeichnet. Das wäre in sich schlüssig gewesen, denn auch der Antrieb vermittelt einen zurückhaltenden Eindruck. Spitzenwerte bei Reichweite und Ladeleistung werden nicht versprochen und auch nicht geliefert. Fraglos gibt es eine Reihe von Elektroautos, die das auf der Langstrecke überzeugender abarbeiten. In den meisten Fahrprofilen sind sie aber die Ausnahme, auch wenn das in der Debatte immer mal wieder untergeht.

(Bild: Pillau)

Dass der ë-C4 X auch beim Infotainment nicht vorn mitspielt, werden einige sicher verzeihen. Bei der App-Anbindung, über die Services wie Online-Verkehrsdaten oder auch ein übers Handy ablesbarer Ladestand freigeschaltet werden müssen, macht es der Konzern seinen Kunden aber schwer. Wer dafür Jahresgebühren im dreistelligen Bereich aufrufen möchte, sollte das überzeugender lösen. Hier besteht Handlungsbedarf, und zwar konzernweit. Gleiches gilt für einen integrierten Ladeplaner: Wenn das System schon Ladestationen entlang der Route kennt, warum ist es dann nicht auch in der Lage, eine Route samt Stopps zu planen? Auch eine Vorkonditionierung sollte ein modernes Elektroauto inzwischen mitbringen.

Über manch eine Schwäche kann man angesichts der Preise sicher hinwegsehen, denn für ein 4,6 m langes Auto ist der ë-C4 X geradezu erstaunlich günstig. Ein vergleichbar ausgestatteter Opel Corsa Electric mit 115 kW kostet gleich ein paar Tausender mehr, und der ist zwei Nummern kleiner. Andererseits ist die E-Version des C4 X mindestens rund 10.000 Euro teurer als der vergleichbare Verbrenner. Immerhin: Hier dürfte sich mit dem Ende der Förderung etwas tun. Die Listenpreise von Elektroautos werden sinken. Ob das in der Folge mit sich bringt, dass die Kunden schlussendlich auch tatsächlich weniger bezahlen müssen, wird sich zeigen. Der Citroën ë-C4 X jedenfalls ist näher an dem kalkuliert, was halbwegs angemessen erscheint. Ich finde, dies ist durchaus ein zugstarkes Argument im Rennen um Kunden.

Die Überführungskosten wurden vom Hersteller übernommen, jene für Strom von der Redaktion.